Liebe Schwestern und Brüder im HERRN,
vor allem Ihr, liebe Konfirmanden,
werte Gäste im Tempel unseres Glaubens,
liebe Konsistoriale im Apostelamt unserer Kirche!

Als ob es gestern gewesen wäre. Ihr erinnert Euch sicher auch noch. Da hattet Ihr Euren ersten Kindergartentag – mancher in der Dammstraße, mancher woanders. Da hattet Ihr wohl auch Tränen in den Augen, weil Ihr Euch von Eurer Mama oder Eurem Papa vielleicht für einen ganzen Tag verabschieden musstet. Aber viele von Euch wurden dann in den Armen von Miriam Trapani getröstet, die auch wieder mit uns auf Konfifahrt war. Dann begann der Ernst des Lebens: mit einer Schultüte und einem vielleicht viel zu großen Schulranzen ging es in die Schule.

Und dann begann der Konfirmandenunterricht. Bei Euch vor vier Jahren in der Corona-Zeit, so dass wir am Anfang gar nicht viel Zeit miteinander verbringen konnten. Aber als wir dann richtig eingestiegen sind, musstet Ihr Euch daran gewöhnen, dass ich zu jedem Unterrichtsbeginn erst einmal abgefragt habe, was Ihr denn in der Schule gerade in Religion durchnehmt. Überrascht bis erschrocken war da meistens meine Reaktion.

Und dann stiegen wir ein, meistens hatte ich viel zu viel Material vorbereitet, da wir doch auch viel diskutiert haben und das ist auch gut so: der Glaube muss besprochen und diskutiert werden und nicht blind und unreflektiert auswendig gelernt sein.

Dass man viel Wissen braucht, um im Leben zu bestehen, habt Ihr auf den Konfifahrten erlebt: als wir miteinander Stadt-Land-Fluss gespielt haben und Ihr es vergeblich versucht habt, mich zu besiegen – aber Ihr seid nahe herangekommen mit den erreichten Punkten. Und so habe ich mir gedacht, ich halte eine Predigt über „Stadt-Land-Fluss des Lebens und des Glaubens“.

Als Stadt nehme ich Hanau. Hier seid Ihr mehr oder weniger groß geworden, hier geht Ihr zur Schule und hier entscheidet Ihr wohl auch, wie es mit Eurem Leben weitergeht. Ich habe versucht, Euch im Konfirmandenunterricht zu vermitteln, dass Ihr mit Gott an Eurer Seite keine Angst zu haben braucht, wohin Euch auch immer Euer Lebensweg führen wird. Wohin Ihr auch immer aufbrechen werdet, Gott ist mit Euch unterwegs und stärkt Euch den Rücken.

Dazu passend haben sich Nele und Maximilian auch ihren Konfirmationsvers gewählt, wenn es bei Josua heißt: „Habe ich Dir nicht gesagt: sei mutig und stark! Hab keine Angst und verzweifle nicht! Denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.“ (Josua 1, 9)

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Als Land nehme ich Deutschland. Denn wir leben hier in einem Land, in dem es uns doch eigentlich besser geht als wir es oftmals beschrieben bekommen. Während Eurer Konfirmandenzeit fing der Ukrainekrieg an und seit Oktober letzten Jahres, als Israel terroristisch angegriffen wurde, ist der Nahe Osten auch wieder ein Pulverfass. Ja, wir müssen dankbar sein, in diesem Land zu leben und jeder von uns kann seinen Teil dazu beitragen, dass wir friedlich und voller Respekt miteinander umgehen. Das lässt das Böse und Schlimme nicht verschwinden, aber es gibt ihnen weniger Raum und Möglichkeiten.

So passt der Konfirmandenspruch von Emilia und Simon sehr gut dazu, wenn der Apostel Paulus an die Römer schreibt: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12,21)

Als Fluss nehme ich den Main. Dieser Fluss entspringt im Fichtelgebirge und in der Fränkischen Alb und braucht 527km, um in Mainz in den Rhein zu münden. Schon seit den Kelten wird dieser Fluss als Wasserstraße benutzt, eine lange Zeit also, in der viel Wasser den Fluss heruntergeflossen ist, während die Welt sich weiter entwickelte.

An diesem Fluss wie an jedem Fluss kann man viel fürs Leben lernen. Es beginnt meist mit einem kleinen Rinnsal, wächst heran, überwindet Klippen und stürzt sich manchen Wasserfall herab. Mal geht es gemächlich, mal stürmisch. Aber jeder Fluss hat ein Ziel, vom Schöpfer vorgegeben und auf dem Weg dorthin bewässert er Wiesen und Felder, treibt Wasserkraftwerke an und dient damit den Menschen. Natürlich hat Wasser auch Gefahren, man kann untergehen oder gewaltige Wassermassen bringen Zerstörung. Wie eben im Leben auch nicht alles immer sicher ist.

Dass wir uns aber gerade in solch herausfordernden Zeiten auf Gott verlassen sollen, davon handelt Dein Konfirmationsvers, lieber Ryan, wenn es im Buch Exodus heißt: „Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe.“ (2. Mose 23,20)

Als Namen könnte ich jetzt jeden Eurer 11 Namen nennen. Eure Eltern haben damals sicherlich viel Zeit verwendet, um einen passenden für Euch auszusuchen. Manche haben auch sicherlich unter den Vorfahren gesucht, und Euch nach ihnen benannt, wenn sie in guter Erinnerung geblieben sind. Beim Namen werdet Ihr gerufen, mal liebevoll und mal strenger. Euer Namen macht Euch einmalig, selbst wenn es viele Namensträger gibt. An Euren Namen wird man sich erinnern und mit Eurem Namen wird man auch Eure Leistungen in Verbindung bringen. Deshalb ist es so wichtig, die Namen zu kennen und auch den Namen zu ehren und nicht in den Schmutz zu ziehen.

Passend zum Namen hat sich übrigens Johanna ihren Konfirmationsspruch ausgesucht aus dem Buch der Anfänge, der Genesis: „Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.“ (1. Mose 12, 2)

Welches Tier passt nun? Auch hier möchte ich kein Spezielles nennen, denn da gibt es so viele, die uns alle in den Sinn kommen. Menschen können zum Beispiel stundenlang Videos von kleinen Katzen oder Hundewelpen anschauen. Mit Haustieren lernen Kinder im Kleinen, Verantwortung zu übernehmen, wenn sie zum Beispiel einen Hamster oder eine Maus haben. Doch da beginnt dann auch schon die Stimmung zweischneidig zu werden: was die einen süß finden, animiert andere zu einem Schreianfall. Oder so eine kleine Spinne verängstigt manche genauso wie andere ein Krokodil. Löwen mag man aus der Ferne bewundern, aber wehe man kommt den Zähnen zu nahe.

So ist es auch mit uns Menschen: manche sind lieb und manche angsteinflößend. Mit manchen kann man Spaß haben, andere bringen einen nur auf dumme Gedanken. Mit manchen Menschen kann man was Großartiges auf die Beine stellen, andere haben die Macht, einen Krieg anzuzetteln. Dennoch sollt Ihr offen sein und bleiben, wenn Ihr Euch Menschen aussucht, die Ihr auf Eure Lebensreise mitnehmen wollt im Freundeskreis und dann auch irgendwann in einer Partnerschaft.

Eine gute Handlungsanweisung finden wir übrigens im Konfirmationsvers von Paula, wenn es im 2. Timotheus-Brief heißt: „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2 Timotheus 1,7)

Nun zum Beruf und was liegt da näher, als den Pfarrer zu nehmen. Ich werde es auch dieses Mal nicht versäumen, bei Euch Werbung zu machen, dass vielleicht doch eine oder einer von Euch in meine Fußstapfen tritt. Und Ihr hättet gute Aussichten, noch nie gab es so wenige Pfarrer auf so vielen freien Pfarrstellen.

Ihr werdet es Euch gut überlegen, welchen Beruf Ihr eines Tages ergreifen wollt. Und ich hoffe und wünsche Euch, dass Ihr einen findet, der zu Euch passt und der Euch Freude machen wird. Freude ist etwas anderes als Spaß: Freude ist etwas Inneres und Erfüllendes. Denn natürlich weiß ich, dass Schule oder auch der Beruf nicht jeden Tag Spaß machen. Manchmal kommt man mit einer schlechten Note nachhause und nicht jeder Arbeitsplatz ist vergnügungssteuerpflichtig.

Dass Ihr Euch aber nicht zu viele Sorgen vor der Zukunft macht, dass Ihr nicht schon abends nervös werdet, wenn Ihr an den nächsten Tag denkt, davon handelt der Konfirmationsvers von Dir, liebe Annika, wenn es im 1. Petrusbrief heißt: „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ (1. Petrus 5, 7) Und auch Du, liebe Atia, hast einen ähnlichen Vers, den wir im Psalter finden: „Der HERR ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der HERR ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ (Psalm 27,1a)

Und schließlich die Pflanze. Da nehme ich einmal den Baum. Bäume haben schon immer eine Faszination für uns Menschen gehabt, zumindest wenn es sich dabei nicht um einen Baum in Nachbarsgarten handelt, der uns nur Schatten spendet. Es ist doch erstaunlich, dass aus einem winzigen Samenkorn solch große Gewächse entstehen wie zum Beispiel der Mammutbaum, der über 80 Meter groß werden kann bei einem Durchmesser von über acht Metern. Vieles in unserem Leben entsteht im Kleinen und Verborgenen und braucht einige Zeit.

So ist es beim Sprechen und Schreiben, zunächst Stammeln und Krickeln, bis es ganze Sätze werden und man die Schrift lesen kann – das ist ja noch nicht bei allen bei Euch mit der Schrift der Fall. Oder beim Erlernen eines Instruments oder einer Sportart ist man auch nicht gleich ein Meister. Auch das Miteinander von Menschen braucht seine Zeit. Aber wenn man dann eines Tages Resümee zieht, kann man stolz auf sich und froh sein, was man geleistet und erreicht hat. Und das kann Euch dann niemand mehr nehmen.

So heißt es auch in Deinem Konfirmationsvers, liebe Marie, im Johannes-Evangelium: „und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.“ (Johannes 16, 22b)

Das war nun das Stadt-Land-Fluss des Lebens. Wie schaut es aber mit dem Stadt-Land-Fluss des Glaubens aus? Machen wir einmal einen Schnelldurchgang: Als Stadt nehme ich das himmlische Jerusalem, denn die Bibel sagt uns, dass dies das Ziel unserer Lebensreise ist und Gott dort abwischen wird all unsere Tränen und Freude sein wird. Es ist wichtig, dass Ihr dieses Ziel nicht vergesst, wenn Ihr Euch auf den Weg macht.

Als Land nehme ich das Gelobte Land, denn für jeden von uns hält Gott einen Platz bereit, hat er eine Idee, wie unser Leben ausschauen soll und wo es stattfinden kann. Fragt deshalb immer wieder auch Gott um Rat, wenn Ihr aufbrecht in Eure Zukunft. Und Ihr werdet vielleicht überrascht sein, auf welche Weise er Euch die Richtung zeigen wird.

Als Fluss nehme ich den Jordan, denn hier wurde Jesus getauft und er fing an das Evangelium von der Liebe Gottes zu verkünden. Auch Ihr seid getauft und heute bekräftigt Ihr die Taufe durch Euer eigenes Ja. Dieses Ja müsst Ihr aber jeden Tag aufs Neue sprechen, und dürft Euch darauf verlassen, dass Gott Euch niemals aus seiner Liebe entlassen wird.

Als Name nehme ich nun natürlich Jesus, weil Jesus immer eine gute Antwort ist. Und dies ist deshalb so, weil er uns gute Hinweise gibt, wie Leben gelingen kann und dass man auch in schwierigen Zeiten nicht aufzugeben braucht. 

Beim Tier des Glaubens wird es nun etwas schwieriger. Die Schlange würde uns zu sehr ans Paradies erinnern, was die Botschaft ist, dass auch wir mancher Versuchung im Leben ausgesetzt sind. Hund ist auch nicht passend, da es in der Offenbarung den Hinweis gibt, dass die Hunde draußen bleiben müssen. Das Lamm ist passend, denn es verweist auf Jesus. In ihm leben und sind wir, mit ihm an unserer Seite ist so vieles möglich, was wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können.

Und nein, liebe Sienna, deinen Konfirmationsvers habe ich nicht vergessen, denn er passt an dieser Stelle eben sehr gut, wenn es im Markusevangelium eben heißt: „Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ (Markus 9,23)

Den Beruf würde ich an dieser Stelle überspringen, erinnere aber doch noch einmal an die Berufung zum Pfarrer …

Und schließlich die Pflanze. Was liegt da näher, als den Palmbaum zu nehmen, unter dem wir uns heute Morgen versammelt haben. Unter diesem Zeichen haben wir Euch an den Glauben herangeführt und mit diesem Zeichen entlassen wir Euch in den nächsten Abschnitt Eures Lebens. Unter diesem Zeichen versammeln wir uns, um Gott zu loben oder auch unser Leid zu klagen. Dieses Zeichen fordert uns auf, im Leben wie im Glauben immer mehr zu wachsen. Wie es eben im Psalmisten heißt: „Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum!“

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Heilige Gottes, das war es nun fast mit meiner Predigt. Und es ist gute Sitte, dass ich seit 17 Jahren am Ende immer einmal kurz auf mein eigenes Leben eingehe. Ich wurde vor fast fünf Dekaden an Pfingsten in einem unbedeutenden Dorf namens Lorsbach in Hessen am Schwarzbach geboren. Auch meine Eltern haben die Tradition fortgeführt und mit meinem Zweitnamen an Wilhelm von Oranien erinnert, der den Calvinismus in den Niederlanden verteidigte. Von meinem Berufswunsch Pfarrer waren zunächst nicht viele überzeugt, die Berufsberatung schlug sogar vor, ich sollte Gärtner werden, zumindest bin ich ja nun in der Gärtnerstraße gelandet.

Nach all diesen Jahren meiner Glaubensreise, bin ich nicht immer stark, sondern manchmal auch unendlich schwach im Glauben. Ich habe meine Zweifel und auch über meinem Leben scheint nicht immer die Sonne Gottes. Aber ich habe dennoch Gottvertrauen, wie es mir mein eigener Konfirmationsvers sagt, der im 86. Psalm steht: „Weise mir, HERR, deinen Weg, dass ich wandle in deiner Wahrheit; erhalte mein Herz bei dem einen, dass ich deinen Namen fürchte.“

Ja, geht auch Ihr Euren Weg, seid Ihr selbst, werdet erwachsen, aber bleibt auch irgendwie Kinder im Herzen. Geht hinaus in diese Welt, entdeckt das Stadt-Land-Fluss Eures eigenen Lebens und seid dabei gewiss, hier, an diesem Heiligen Ort, seid Ihr immer willkommen.

Im Namen Jesu Christi, AMEN!

Daran glaube ich, davon predige ich und bezeuge es im Namen Jesu Christi.