wng_01_11_34_thumbEin Erkennungszeichen des deutschen Protestantismus feiert in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag: der schwarze Talar mit dem weißen Beffchen, den Pfarrer bei Gottesdiensten tragen. Die Talarpfl icht für evangelische Geistliche trat durch eine Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. am 1. Januar 1811 in Kraft. Da vor 200 Jahren alle protestantischen Pfarrer staatliche Beamte waren, konnte der Zwang zur einheitlichen Kleidung durchgesetzt werden. Nach und nach wurde der schwarze Talar dann in allen Landeskirchen eingeführt und bis heute beibehalten.

Das weiße Beffchen nämlich wurde mit der Order des Preußenkönigs in den Rang eines offiziellen Teils der Amtstracht erhoben. Ursprünglich sollten die beiden langen weißen Leinenstücke bei Männern, die ihren Bart modisch einpuderten, das darunter liegende Hemd schützen. Heute zeigt es „nur“ noch den Bekenntnisstand des Pfarrers an: lutherische Pfarrer tragen die beiden Streifen auseinander, unierte halb zusammen (genäht) und reformierte ganz geschlossen. Nach der Einführung der Frauenordination steht es den Pfarrerinnen in einigen Landeskirchen frei, ob sie das Männer-Beffchen tragen wollen oder nicht. Entscheiden sie sich gegen das Tragen des Beffchens, tragen sie in der Regel einen über den Talar geschlagenen weißen Kragen.

In den reformierten Kirchen der Niederlande und Frankreichs wurde der schwarze Talar auch zwischen 1798 und 1844 verbindlich. Er löste damit die üblichen knielangen Predigerröcke ab, die allerdings bei nicht-gottesdienstlichen Anlässen mancherorts noch heute getragen werden. Diese Einführung geht teilweise auf Napoleon, auf deutsche Einflüsse und auf Abgrenzung zum Katholizismus zurück.

Bis heute orientieren sich die Talar-Formen und Aussehen der Beffchen an den Roben der staatlichen Richter. (Dem aufmerksamen Gottesdienstbesucher wird es schon aufgefallen sein: Während Pfrin. Lübke den deutschen Talar trägt, hat Pfr. Telder eine niederländische Amtstracht.)

Was war vor dem Talar? Vor Einführung des Talars trugen die Pfarrer in der Regel bei Abendmahlsfeiern die alten (katholischen) und bunten Gewänder, soweit sie die Reformation überstanden hatten und durch die Gemeinde instand gehalten wurden. Wo diese nicht mehr benutzt werden konnten, war schon der Talar in Gebrauch. Dies ist vor allem durch die universitäre Ausbildung der Pfarrer zu erklären, die mit dem Abschluss über diese Robe verfügten und diese dann auch nutzen konnten.

Was kommt nach dem Talar? Da der Talar auf eine staatliche Ordnung zurückgeht, ist er kein gottgegebenes Dogma. Deshalb wurden in manchen Kirchen wieder die bunten, traditionellen Gewänder eingeführt und die Pfarrer tragen hauptsächlich weiße. Allerdings hilft der schwarze Talar, von der Person auf das Wesentliche zu verweisen: die Wortverkündigung. Deshalb sind in der Wallonisch-Niederländischen Kirche nur in den meditativen Abendgottesdiensten andere Gewänder in Gebrauch, die zum Beispiel der anglikanischen Tradition entnommen sind. Für den Predigtgottesdienst am Sonntagmorgen ist der schwarze Talar aber nach wie vor angemessen und wird auf lange Sicht wohl nicht verändert werden.